BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ortverband Oberursel

Rede der Fraktionsvorsitzenden von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Oberurseler Stadtparlament, Christina Herr

30.04.15 –

zu den Anträgen der CDU-Fraktion „Keine Bebauung in Bommersheim Süd“ und des Antrages der Stadtverordnetenfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Keine Entwicklung der Gebiete „Kammerpfad“ und „Holzhöhlchen“ in Stierstadt“

 

Es gilt das gesprochene Wort!

 

 

„Oberursel gerät an die Grenzen seines Wachstums“ – diese GRÜNE Aussage von 2007 hat heute seine Berechtigung noch mehr als damals.

Der zunehmende Bevölkerungsdruck auf alle Städte und Gemeinden im Ballungsraum führt zu einer zunehmenden Bautätigkeit und zu einer wachsenden Konkurrenz um die Flächennutzung. Dabei sind die Freiflächen zwischen den Städten und Gemeinden wichtige Naturräume, wichtige Flächen für die Landwirtschaft und auch immer wichtiger für die Naherholung. Die Freiflächen gehören zum prägenden Landschaftsbild unserer Region und es ist in unser aller Interesse, diese zu erhalten. Aus diesem Grund sind gerade wir GRÜNE schon immer für die Maxime „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ eingetreten und haben die Entwicklung von Baugebieten am Ortsrand, wie z. B. den Borngrund abgelehnt.

 

Der Regionale Flächennutzungsplan, der seit 2011 gilt, wurde mit dem Ziel aufgestellt, diese Flächenkonkurrenz zu ordnen und allen Städten und Gemeinden klare Vorgaben für die Entwicklung in der Region zu geben.

Der Regionale Flächennutzungsplan schreibt die Entwicklungsziele bis 2020 fest und wurde in einem langwierigen Verfahren aufgestellt. Dieser war ein Aushandlungsprozess innerhalb der Region, aber auch in den einzelnen Städten und Gemeinden. Auch in Oberursel!

 

Der Regionale Flächennutzungsplan sieht für Oberursel eine Reihe von Entwicklungsflächen vor, die teils im Konsens, z. T. aber auch strittig aufgenommen wurden. Es wurden aber auch Flächen im Vergleich zu früheren Flächennutzungsplänen herausgenommen, z. B. auch ein Großteil vom Bommersheim-Süd.

 

Es ist sicherlich sinnvoll, wenn in Oberursel im Vorfeld der Novellierung des Regionalen Flächennutzungsplans, die bis 2020 erfolgen soll, eine intensive Debatte darüber führt, wo genau die Grenzen des Wachstums verlaufen und welche Flächen wir in Zukunft evtl. entwickeln wollen oder nicht.

 

Dabei kann sich Oberursel aber nicht aus der allgemeinen Debatte und Situation im Ballungsraum Rhein-Main ausklinken. Derzeit erleben wir einen hohen Bevölkerungsdruck auf die Region, was sich ganz konkret in Bauland- und Immobilienpreisen und Mieten ausdrückt.

Wer günstigen Wohnraum, Sozialwohnungen gar, fordert, wird dies in Oberursel wahrscheinlich nicht alleine durch Innenentwicklung erreichen. Schon gar nicht, wenn diese gleichzeitig als „zu dicht bebaut“ gebrandmarkt wird.

 

Im Zuge der Aufstellung des aktuell gültigen Regionalen Flächennutzungsplans wurden einige Flächen herausgenommen, die über Jahrzehnte als Entwicklungsflächen in Oberursel galten. So bspw. die Atzelhöhl, das Gewerbegebiet „Gattenhöfer Loch“ oder auch weite Teile von Bommersheim Süd. Der Vorwurf, Oberursel wolle immer nur mehr, ist also völlig falsch und aus der Luft gegriffen. Wir GRÜNE befürworteten diese Herausnahmen, das war damals nicht bei allen Fraktionen der Fall.

 

Ich möchte auch daran erinnern, dass die alte Oberurseler Koalition aus CDU und FDP noch weitere Entwicklungsflächen gefordert hat, die der Regionalverband glücklicherweise nicht genehmigt hat. Wäre es nach CDU und FDP gegangen, stünden heute bspw. die Hinterhöfe/Hasengärten, Borngrund 2, ein Gewerbegebiet an der U-Bahn Haltestelle Weißkirchen sowie eine Erweiterung des Gewerbegebietes Drei Hasen und eine Wohnbaufläche hinter den Billwiesen im Flächennutzungsplan.

 

Die Entwicklungsflächen, die der Regionale Flächennutzungsplan vorgibt, sind alle als Entwicklungsreserven zu bewerten. Bei keiner dieser Flächen gibt es den Zwang, diese auch zu entwickeln. Bommersheim-Süd z.B. war bereits im Flächennutzungsplan des Umlandverbandes Frankfurt enthalten, diese Reserven schlummern also seit Jahrzehnten vor sich hin.

 

Was an der aktuell angestoßenen Debatte - eine Debatte, die nicht aus dem Stadtteil kommt, sondern die von der CDU angestoßen wurde – erstaunt, ist dass es gerade über diese Flächen seit Jahrzehnten einen politischen Konsens in der Stadt gab. Es gab und gibt im Flächennutzungsplan Flächen, die deutlich umstrittener waren bzw. sind. Ich erinnere an die Diskussionen um die Atzelhöhl, die zwar auch viele Jahre in früheren Flächennutzungsplänen enthalten war, hierüber aber kein breiter Konsens bestand. Oder ich erinnere an die Pläne von CDU und FDP, die Hinterhöfe/Hasengärten in den Regionaler Flächennutzungsplan aufnehmen zu lassen, gegen den Widerstand der damaligen Opposition und der Bevölkerung.

Auch die Aufnahme der Flächen Kammerpfad und Holzhöhlchen in den Regionalen Flächennutzungsplan erfolgte nicht im Konsens, hierzu gibt es bspw. eine kritische Stellungnahme seitens des BUND, der 2007 schrieb: „Die Baugebiete lehnen wir ab. Sie engen die landschaftlich und stadtplanerisch wichtige Grünverbindung zwischen Weißkirchen und der Bebauung am Bahnhof Weißkirchen/Steinbach zu sehr ein.“

 

Über die Flächen in Bommersheim-Süd, die wie bereits erwähnt halbiert wurden, gab es bei der sehr intensiven Diskussion um den Regionalen Flächennutzungsplan keinerlei nennenswerte Auseinandersetzungen. Dass es Ihnen von der CDU nun im Rahmen des Bürgermeisterwahlkampfes gelungen ist, diese zu problematisieren, kann man als politischen Coup bezeichnen. Ob dies allerdings aus Stadtentwicklungssicht sinnvoll ist, lasse ich mal dahingestellt.

 

Auch an dieser Stelle möchte ich aus der Stellungnahme des BUND aus dem Jahr 2007 zitieren:

 

„Um für weiteren Bevölkerungszuwachs gerüstet zu sein, stimmen wir der Entwicklung des Siedlungsgebietes Bommersheim-Süd zu. Eine gute Verkehrsanbindung an den ÖPNV ist mit der U-Bahn gegeben und die U-Bahn wird gleichzeitig besser ausgelastet. Großflächige und wertvolle Biotope sind nicht betroffen. Das Baugebiet ist mit einem neuen Zentrum mit guter Infrastruktur und sozialen Einrichtungen in Abstimmungen mit den Angeboten des bestehenden Ortsteils Bommersheim zu entwickeln. Hier bieten sich die Chancen einer energetisch optimierten Planung. Wünschenswert ist eine Entwicklung, die den Wohnbedarf aller Bevölkerungsgruppen berücksichtigt.

Wie im Landschaftsplan vorgesehen, sollte das Gebiet mit Grünachsen strukturiert und an seinem Rand zur Feldgemarkung entwickelt werden. Sie wird gleichzeitig die hier vorbeiführende Regionalparkachse ergänzen. Der Grünzug von Frankfurt-Niederursel bis Bommersheim entlang der U-Bahn-Strecke sollte unbedingt erhalten bleiben, er ist im Landschaftsplan vorgesehen und stellt das „grüne Entree“ in die Stadt dar.

Die Planung des Siedlungsgebietes sollte langfristig angelegt werden und den Zuwachs der nächsten Jahrzehnte aufnehmen.“

 

Was wir für unsere Stadt brauchen, ist eine Festlegung, wie sich die Stadt weiterentwickeln soll. Hierfür wurde der Prozess zur Aufstellung des Stadtentwicklungsplans angestoßen. Die Diskussionen der vergangenen Wochen und des heutigen Abends zeigen, dass dieser Prozess weitergeführt und zu einem Abschluss gebracht werden muss. Den nur in einer Gesamtbetrachtung kann es eine Abwägung darüber geben, ob und welche Entwicklungsflächen wir in Oberursel brauchen und vertragen können.

 

Wir GRÜNE treten nicht für eine zeitnahe Entwicklung von Bommersheim-Süd ein. Wir sind auch nicht dafür, dass die anderen vorhandenen Entwicklungsflächen an den Ortsrändern zeitnah entwickelt werden. Aber ich erinnere daran, dass wir Stadtverordnete gerade eine Diskussion um preisgünstigen Wohnraum in der Stadt angestoßen haben. Wie wollen wir diesen denn gewährleisten, wenn die innerstädtischen Verdichtungspotentiale ausgeschöpft sind? M. E. stehen wir hier gerade am Anfang einer Diskussion und noch nicht am Ende.

 

Der Regionalverband muss eigentlich bis 2020 einen neuen Regionalen Flächennutzungsplan aufstellen. Wir dürfen sicherlich gespannt sein, welche Entwicklungsziele CDU und SPD in der Region verfolgen.

 

Im Vorfeld der Novellierung des Regionalen Flächennutzungsplans sollten wir für uns in Oberursel festlegen, wo und wie Entwicklung hier noch stattfinden kann.

Aus unserer GRÜNEN Sicht, muss dies entlang erschlossener Verkehrsachsen und unter Berücksichtigung der vorhandenen Infrastruktur erfolgen. Vor allem aber muss dies auch unter Berücksichtigung ökologischer Aspekte erfolgen. Und an dieser Stelle frage ich mich, welche genaue Zielrichtung der Antrag der CDU genau verfolgt, also außerhalb des Bürgermeisterwahlkampfes. Der Beschlussvorschlag besagt nämlich: es soll angestrebt werden, „die Flächen, die in Bommersheim-Süd für eine Bebauung vorgesehen sind, gegen andere Entwicklungsflächen zu tauschen…“

Wo sollen diese denn sein, liebe Kolleginnen und Kollegen? Welche anderen Flächen rund um Oberursel sind es Ihres Erachtens eher Wert entwickelt zu werden? Wo ist die verkehrliche Erschließung besser oder der ökologische Wert geringer?

Wenn selbst der BUND 2007 aus genau diesen Gründen mit Bommersheim-Süd einverstanden war?!

Wenn Sie uns optimalere Flächenreserven benennen können, dann kann man darüber dann sicher auch konkret sprechen. Aber bisher haben wir diesbezüglich nichts von Ihnen, liebe CDU-Fraktion, gehört.

Und indem Sie, liebe CDU-Fraktion ständig betonen, der Magistrat solle halt Ersatzflächen vorschlagen, stehlen Sie sich aus der Verantwortung. Sagen Sie nicht immer nur, was Sie nicht wollen, sondern auch, was Sie stattdessen wollen. So ehrlich und konstruktiv sollten Sie schon sein!

 

Aus GRÜNER Sicht war es ein Fehler, die Flächen Holzhöhlchen und Kammerpfad, über die es damals keinen Konsens gab, in den Regionalen Flächennutzungsplan aufzunehmen. Aus diesem Grund beantragen wir konsequent die Herausnahme dieser Flächen aus dem Plan. Was wir damit erreichen wollen, ist eine Gesamtbetrachtung, die über den Bürgermeisterwahltermin hinausgeht!

 

Ich möchte hier wieder aus der GRÜNEN Rede des Jahres 2007 zitieren: „Die Grün- und Freiflächen sind das Kapital Oberursels. Sie machen den besonderen landschaftlichen Reiz unserer Stadt aus, erhalten durch ihre Ausgleichsfunktion die kleinklimatische Regenerationsfähigkeit der Stadt und haben in ihrer Vielfalt einen enormen Freizeitwert für die Bürger. Nicht zuletzt sorgen sie dafür, dass Oberursel fast sein gesamtes Trinkwasser aus eigenen Quellen und Brunnen fördern kann. Jede weitere Inanspruchnahme von Freiflächen muss daher sorgfältig daraufhin untersucht werden, ob sie nicht zugunsten kurzfristiger scheinbarer Vorteile tatsächlich der Stadt ein Stück weit die Lebensgrundlage entzieht.“

 

Es ist gut, wenn wir heute wieder eine Diskussion über die Flächenentwicklung unserer Stadt führen. Aber bitte auch jenseits scheinbarer kurzfristiger politischer Vorteile im Bürgermeisterwahlkampf im Interesse der Entwicklung unserer Stadt im Grünen.

 

Aus diesem Grund lehnen wir den CDU-Antrag ab und bitten um Zustimmung zum GRÜNEN Antrag, die Flächen „Kammerpfad“ und „Holzhöhlchen“ mit der Zweckbestimmung „landwirtschaftliche Flächen“ und „Flächen zur Naherholung“ umzuwandeln.

Christina Herr, Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

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